Gegen Gaspreiserhöhung und Mengenrabatt für CO2-Ausstoss

In der Fraktionserklärung vom 6. Dezember stellt sich die SP gegen die Erhöhung der Gaspreise für die Winterthurer Bevölkerung.

Am letzten Dienstag hat der Stadtrat einen Beschluss gefällt, der für einen grossen Teil der Bevölkerung einen massiven Einfluss aufs Portemonnaie hat, und zwar einen viel grösseren, als wenn der Steuerfuss um 2 oder 3 Punkte erhöht würde.

 

Die steigenden Preise auf dem globalen Gasmarkt will Stadtwerk voller Härte auf die Winterthurer Bevölkerung ohne jegliche soziale Abfederung überwälzen. Es geht hier nicht um ein paar verschmerzbare Franken, es geht um eine halbe Tausendernote pro Haushalt im nächsten Jahr. Das ist für viele Bewohnerinnen und Bewohner unserer Stadt schlicht nicht zahlbar: 480 Franken mehr für die Gasrechnung bedeuten für manche den Verzicht auf Ferien.

 

Besonders stossend an der ganzen Geschichte ist der Fakt, dass der Eigenwirtschaftsbetrieb Gashandel auf 60 Millionen Franken Reserve sitzt – ich zitiere aus dem Stadtratsbeschluss: «Die Betriebsreserve ist zwar mit rund 60 Millionen Franken – rund zwei Jahresumsätze des Eigenwirtschaftsbetriebs – ausreichend».

 

60 Millionen Reserve sind also vorhanden. Doch woher kommen diese Reserven? Es ist das Geld der Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, die mindestens eine Dekade lang zu hohe Gaspreise bezahlt haben, und das, obwohl sie keine Wahl hatten. Die Gasversorgung ist bekanntlich ein Monopolbetrieb, auch selbst wenn der Stadtrat eingangs im Beschluss beschönigend schreibt, das Monopol sei auch nicht mehr was es einmal war. Aufgrund des Energieplans und der gebauten Heizungen in den Gebäuden der Stadt hat fast niemand eine Wahl, mit welcher Energiequelle geheizt werden soll, und es gibt auch keine alternativen Gas-Anbieter als Stadtwerk für die Bevölkerung.

 

«Spare in der Zeit, so hast Du in der Not» sagt ein Sprichwort. 60 Millionen Reserve wurden mit unserer Gasrechnung mindestens 10 Jahre lang angehäuft. Der überhöhte Gaspreis war aus umweltpolitischer Sicht durchaus gewollt, weil Gas in Sachen CO2 Ausstoss schlechter dasteht als Fernwärme, die erst durch den hohen Gaspreis konkurrenzfähig wurde. Dies wurde von den Gaskunden bisher auch klaglos akzeptiert. Aber es ist nur billig, dass man, jetzt wo «Not» herrscht, weil der Gas-Weltmarkt verrückt spielt, von dieser Ersparnis zehren darf. Die Gaskunden müssten also gutgläubig darauf vertrauen, dass Stadtwerk sozialverträgliche Energiepolitik macht. Allein, der Stadtwerk tut es nicht, wie wir seit letztem Dienstag wissen.

 

Die Rendite des Eigenwirtschaftsbetriebs Gashandel ist Stadtwerk also wichtiger als die Menschen dieser Stadt. Stadtrat Fritschi sagt dazu «dann müssen sie halt einen zweiten Pulli anziehen», wie der Landbote ihn am letzten Mittwoch zitiert. Das ist, mein lieber Nachbar Stefan, zynisch. Bei Dir und bei mir spielen die 500 Franken mehr für die Gasrechnung keine Rolle, und wir beide haben auch noch einen Schwedenofen im Haus, damit wir ein paar Scheite verfeuern können, damit es schön kuschlig wird, obwohl die Holzverbrennung aus Sicht der Gesundheit mehr als nur fragwürdig ist – Stichwort Feinstaub.

 

Es gibt aber zahllose Menschen in unserer Stadt, die nicht wissen, wie sie dann im nächsten Sommer die Nachzahlung der Nebenkostenrechnung ihrer bescheidenen Mietwohnung begleichen sollen. Es ist ja nicht so, dass die Gaspreis-Erhöhung jeden Monat eine Fünfzigernote kostete, nein, sie kommt für den Grossteil der Bevölkerung als Hammer-Rechnung daher.

 

Selbst wenn eine direkte Quersubventionierung innerhalb der einzelnen Sparten von Stadtwerk verboten sind, hat die Quersubventionierung vom Gas in andere Bereiche eben doch stattgefunden, auch wenn das in der Buchhaltung nicht sichtbar ist. Gas-Kunden haben mehr bezahlt, als nötig gewesen wäre, damit Fernwärmekunden nicht benachteiligt waren. Jetzt kehren die Gestehungskosten, und es wäre darum billig, wenn Fernwärme auch moderat teurer würde, um den Ausgleich zu schaffen. Es ist ja auch nicht so, dass die Fernwärme komplett unabhängig wäre, an sehr kalten Tagen muss nämlich mit Gas zugeheizt werden, das hat Stadtwerk aber in keinster Weise in ihren Überlegungen berücksichtigt.

 

Grundsätzlich stossend ist auch, dass die Privatkunden einen etwa um 2 Rappen höheren Gaspreis zahlen als Firmenkunden. Man hätte diese Preisrunde zum Anlass nehmen können, um die Mengenrabatte abzuschaffen oder zumindest zu reduzieren. Stadtwerk wird sich jetzt dann gleich rechtfertigen und sagen, das hätte er ja prozentual gesehen auch getan. In absoluten Beträgen zahlt aber der private Gaskunde 2.49 Rappen mehr pro Kilowattstunde, der Grosskunde jedoch nur 2.39 Rappen mehr für das Bronze- Gas-Produkt. Es ist umweltpolitisch geradezu grotesk, dass man für mehr CO2-Ausstoss einen Mengenrabatt erhält.

 

Sie werden mit mir einig sein, dass die Behörde, also der Stadtrat, bei der Preisfestlegung eines Monopolbetriebs im Service Public Bereich wie der Gasversorgung von Stadt Winterthur besonders sorgfältig sein müsste. Es darf nicht sein, dass überhöhte Gewinne abgeschöpft werden – was bei einem kommerziell getriebenen Unternehmen ja häufig der Fall ist, wenn es die Gelegenheit dazu hat. An dieser Stelle ein Wink mit dem Zaunpfahl an die neoliberalen Privatisierungsturbos auf der rechten Seite, die auf Biegen und Brechen Stadtwerk auslagern wollten – einige werden sich noch gut an die parlamentarische Spezialkommission erinnern, die dieses Projekt mit gottseidank einem Null-Resultat bearbeitet hat. Bei einer privaten Stadtwerk hätten wir nichts mehr zu melden in Sachen Gaspreis.

Wie ich bereits ausführte, muss die preisfestsetzende Behörde für Monopol- Preise besondere Sorgfalt walten lassen. Der Gesetzgeber hat dies so bestimmt, damit dieser Sorgfaltspflicht nachgekommen wird, und zwar im Preisüberwachungsgesetz Artikel 14. Ich zitiere:

 

Art. 14

1 Ist die Legislative oder die Exekutive des Bundes, eines Kantons oder einer Gemeinde zuständig für die Festsetzung oder Genehmigung einer Preiserhöhung, die von den Beteiligten an einer Wettbewerbsabrede oder einem marktmächtigen Unternehmen beantragt wird, so hört sie zuvor den Preisüberwacher an. Er kann beantragen, auf die Preiserhöhung ganz oder teilweise zu verzichten oder einen missbräuchlich beibehaltenen Preis zu senken.

2 Die Behörde führt die Stellungnahme in ihrem Entscheid an. Folgt sie ihr nicht, so begründet sie dies.

3 Bei der Prüfung der Frage, ob ein Preismissbrauch vorliegt, berücksichtigt der Preisüberwacher allfällige übergeordnete öffentliche Interessen.

 

Ich habe bereits am 1. Dezember Stadtrat Fritschi um die Zustellung der Einschätzung des Preisüberwachers zur Gaspreis-Erhöhung gebeten. Bis zum heutigen Tag habe ich sie nicht erhalten. Im Beschluss liest man keine Silbe über die gesetzlich vorgeschriebene Konsultation des Preisüberwachers. Ich muss also vermuten, dass Stadtwerk es unterlassen hat, den Preisüberwacher zu seinem Ansinnen zu konsultieren.

 

Das ist kein Kavaliersdelikt. Das ist eine fahrlässige oder vielleicht auch vorsätzliche Unterlassung: «Hoffen wir mal, dass es keiner merkt!»

 

Dabei bringt diese Unterlassung viele Menschen in unserer Stadt in eine Not. Der Preisüberwacher ist der Fürsprecher für die Konsumierenden ohne eine Wahl, er muss die Interessen der Kunden gegen das Gewinnstreben des Monopol-Versorgers abwägen. Verstehen sie mich nicht falsch: dass Stadtwerk das Gasversorgungs-Monopol hat, ist aus Sicht des Service Public richtig. Aber dieses Monopol muss sorgfältig gelebt werden, und darum braucht es den Preisüberwacher als Korrektiv.

 

Allein schon der Verstoss gegen das Preisüberwachungsgesetz Artikel 14 rechtfertigt den Rekurs gegen die Gaspreis-Erhöhung, den ich hiermit auch schon ankündige. Der Stadtratsbeschluss kann innert 30 Tagen ab Publikation beim Bezirksrat angefochten werden.

 

Wir sind in einem Zielkonflikt. Wir haben seit vorletztem Wochenende den klaren Auftrag von der Bevölkerung, unsere Stadt bis 2040 klimaneutral umzubauen, und Stadtwerk hat diesbezüglich eine grosse Aufgabe vor sich. Aus sozialdemokratischer Sicht ist es aber unabdingbar, dass die Bewältigung des Klimawandels sozialverträglich ist. Ja, es ist richtig, den Gasverbrauch möglichst rasch möglichst stark zu senken, und eine gezielte Preiserhöhung kann diesem Ansinnen durchaus Vorschub leisten.

 

Es ist aber falsch, die Gaspreis-Erhöhung so zu gestalten, dass die untersten Einkommensschichten so massiv mehr belastet sind, und gleichzeitig die Grossbezüger praktisch ungeschoren davon kommen, weil sie die Preiserhöhung in der Regel locker auf ihre Kunden überwälzen können, und abgesehen davon sind Heizkosten für die meisten Betriebe sowieso nur eine Lappalie.

 

Stadtwerk und Stadtrat verfolgten mit dieser Entscheidung zur Gaspreis- Erhöhung nicht die langfristigen Interessen der Menschen der Stadt Winterthur. Mein Verständnis von Service Public orientiert sich nicht an kurzfristigen Spekulations-Kurven des globalen Energiemarkts. Die Evaluation von Stadtwerk ist einseitig und enttäuschend, und darum soll der Bezirksrat über den Rekurs entscheiden.